Dienstag, 2. Februar 2010

bewegungswiderstand

was mich wirklich wütend macht, ist die mit fortschreitendem alter dringlicher werdende notwendigkeit zur körperlichen ertüchtigung. ich hab ja auch nichts gegen bewegung, aber ich hab was gegen verordnete bewegung und ich habe - ehrlich gesagt - was gegen diesen meinen körper, der mir bewegung verordnen will. und schon überhaupt habe ich was gegen bewegung als signum einer wohlstandsgesellschaft, die mich von prekariatären menschen unterscheiden will, weil ich DREIMAL die woche MINDESTENS eine stunde leibesertüchtigung vollziehe, ohne die ich früh sterbe oder die krankenkassen belaste. reicht ja nicht, dass ich kein fleisch esse, fünf portionen obstundgemüse am tag vertilge, nicht rauche und gemäßigt alkohol trinke. ich meine, für frauen bedeutet das ein HALBES glas wein am tag - wozu soll ich da überhaupt alkohol trinken: um zu wissen, was ich verpasse? dazu soll ich auch noch dizipliniert und regelmäßig sport treiben: DREIMAL die woche MINDESTENS eine halbe stunde ausdauer plus gymnastik plus gerätetraining und meditation - ich meine, meditation ist dann auch das einzige, was noch hilft gegen die permanente angst wegen einer currywurst oder dem verpassten pilates-kurs vielleicht doch bereits mit 38 an einem malignem melanom zu erkranken. es wird doch so sein, dass in zehn jahren keine kasse mehr behandlungskosten bei herzkreislauferkrankungen übernimmt, weil sie uns ja schließlich eindringlich gewarnt haben: eine gesunde lebensweise schützt zu mindestens 78% vor krankheiten. das ist bewiesen. klar ist auch: wer wöchentlich 40 stunden arbeitet, kinder betreut und viel sport treibt, braucht in jedem fall einen guten coach der die lebensplanung organisiert und optimiert. da bleibt definitiv keine zeit mehr für muße, selbsterkenntnis und soziale kontakte über arbeitsplatz und kernfamilie hinaus (es sei denn, die eine stunde im monat wird im kalender vermerkt). menschen, die in der dauernden lebensoptimierungsanstrengung leben, halten - ich will es man so sagen -  das system  am laufen. oder anders: in der ddr hat man in zeiten der großen versorgungsengpässe den goldbroiler erfunden.
ich werde mich gegen die optimierungs- und ökonomisierungsslobby wehren, so lange ich noch kriechen kann. die scheiße ist bloß, das mir wirklich alles weh tut. leider ist draußen schneesturm und da wirds wohl mit dem waldlauf heute nichts werden. dabei hätte ich mich jetzt ganz gerne ein bisschen bewegt. so wirds wohl auf eine zweite ibuprofen hinauslaufen. ich bin jetzt im passiven widerstand.

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