Montag, 13. September 2010

ich finde...

... nach wie vor nicht gut, dass/ was alice schwarzer in BILD schreibt. andere sehen das anders. schön kommentiert von der mädchenmannschaft.

und noch was: jedes zweite wochenende im september bleibe ich zuhause, denn das ist "fest an der panke". jedes jahr wird das schlimmer. früher kamen an diese tagen freunde aus westberlin, man tingelte am künstlerboulevard, kam hier und da ins gespräch, kaufte grafiken usw., dann etwas später gabs immer noch viel pankower künstler an der ossietzkystr., eine kleine bühne mit anspruchsvollem lokalem programm, daneben einen kuchenstand, abends feuerwerk, straßentheater und wir saßen bis in die nacht und lauschten, tranken, pallaverten. sahen uns und wurden gesehen. klar, gabs da auch schon das rumtata, aber weit weg. heute gibt es fast nur das prollprogramm. blasmusik, schlechte schlager und noch schlechtere bratwürste, nur noch die hälfte der stände, der künstlerboulevard längst sowie so schon zum kunsthandwerksmarkt verkommen, ist nur noch halb so lang und jetzt abseits in der schulstraße, keine schilder, die darauf hinweisen, clown lulu und dröhnende schottendudler geben das kulturprogramm. selbst die kinder sind davon genervt. es ist gräßlich, lieblos und das ist nicht pankow. man hört, dass eine bestimmte veranstaltungsagentur nun das ganze verantwortet. die sollen mich mal anrufen, ich sag ihnen, was da schiefläuft. mittlerweile machts die gesobau besser, das jazzfest im bürgerpark zeigt, dass es mit niveau geht. wir treffen uns  mittags im rosenrot, abends vorm amalienpark und morgens im canapee und sind sauer. sauer über einen bezirk, der so kulturlos daherkommt, dass man sich schämen muss. sauer, dass es an der straße vorne nicht weitergeht, dass baustellen den blick auf den anger verstellen, auf den wir so stolz sind. sauer, dass hier offensichtlich niemand ein konzept hat oder will oder kann. dabei leben wir hier schon immer, dabei haben wir hier mal politik gemacht,  vereine gegründet, an runden tischen gesessen, theater gespielt, alternative kultur etabliert, dutzende alte wohnungen aufgemöbelt und mittlerweile lassen wir hier trotz flugzeugen prenzlberger mieten. und dabei ist ja auch vieles von allem noch da. man muss es nur (zeigen) wollen. dieser bezirk hat uns einfach nicht verdient.

Freitag, 10. September 2010

gedankenspiele

wenn ich am schreibtisch sitze und nicht arbeite, dann beschäftige ich mich meistens mit mir selbst. ich denke an den streit am morgen, die lage der dinge, ich habe angst, vor dem was kommt. ich versuche die angst einzudämmen, indem ich gedanklich strategien entwickle. dann plane ich. ich suche eine neue wandfarbe aus, ich sehe mir wohnungen in bundesdeutschen städten an, in die es uns vielleicht einmal verschlagen wird, ich lese stellenanzeigen. ich sortiere gestreifte strampler in den warenkorb eines ökoversands, kaufe sie aber nicht, weil ich ja nicht weiß, wie groß das kind wird, aber ich bin dann vorbereitet. ich weiß über alle badschnellheizer bescheid, ich habe schon die kochrezepte für die wochenbettphase rausgesucht und den ordner vorbereitet mit den verschiedenen anträgen. das ist jetzt kein akutes problem der schwangerschaft, das ist immer so. mein kalender ist voll geschrieben und mit kleinen farbigen klebezetteln gespickt, die ich dann entfernen kann, wenn dinge erledigt sind oder umklebe, wenn sich herausstellt, dass das stellenprofil erst in der nächsten woche im sekretariat liegen muss. meistens habe ich bereits kleine notizen zu anstehenden problemen gemacht: lösungsvorschläge, gedankensplitter - die stehen auch im kalender. was ich auf lose zettel schreibe, vergesse ich wieder. die dinge fliegen mich so an, ich konzipiere sie dann. wenn es akut wird, habe ich wenigstens schon mal darüber nachgedacht. leider führe ich seltener aus als ich entwerfe. ich bin ein strukturierungsgenie, ich spinne gedankengebäude, ich durchdenke. ich  habe meist kein großes interesse an der umsetzung. ich kann eine umsetzung organisieren (oh, da bin ich gut), aber selber machen? leider konzipiere ich auch für andere. ich habe deren leben schon durchdacht, da haben die noch nicht mal das problem erkannt. ich sage dann: folgendermaßen solltest du es machen, schlage bedenken in den wind (habe ich schon bedacht) und bin schrecklich enttäuscht, wenn meine so gut gemeinten ideen nicht angenommen, ja  sogar abgewehrt werden. die sind noch nicht so weit, denke ich dann und sehe schon mit ungeduld die folgen ab. dann kommen die tage, an denen alles gut durchdacht scheint. es gibt für alles einen plan a b c und (halbfertig) d. jetzt könnte ich mich ruhig hinsetzen und ein bisschen wissenschaft betreiben: eine datei öffnen und an einer textstelle weiterarbeiten dann passiert was. das hatte ich noch nicht bedacht. ich werde unruhig, die gedanken schweifen ab. ich beginne zu überlegen, wie ich dazu stehe und wie man am besten... so wird nichts mit der karriere. wie soll man sich auch fokussieren, wenn man so viel im kopf hat?

Dienstag, 7. September 2010

musik zum hingehen

am 18. september spielt die frau im grünen salon, die mich seit über einem jahr verzweifelt bestärkt endlich wieder musik zu machen. vielleicht hilfts ja. wir sehen uns also.


Montag, 6. September 2010

die praxis der lage

die rechtslage sieht so aus: mutti kann ihre schutzfrist mit anschließender aufzuchtszeit wahrnehmen und bekommt dafür mutterschaftsgeld und einen ausgleich vom arbeitgeber bis zur höhe des durchschnittlichen nettogehaltes der letzte drei monate vor beginn des mutterschutzes. dieser ausgleich wird nach dem aufwendungsausgleichsgesetz von den krankenkassen an den arbeitgeber in vollem umfang (bei kleinen betrieben zu 80 %) zurück erstattet. aus diesen mitteln können sollen müssen vertretungsstellen finanziert werden. das gilt auch bei individuellem beschäftigungsverbot. die rechtspraxis sieht so aus: die vertretung wird erst ab elternzeit finanziert, die zukünftige mutter wird im 5. monat der schwangerschaft darauf hingewiesen, dass die geburt ihres kindes ja nicht verbindlich gewährleistet werden könne und außerdem das geld nicht da sei - was ja nach der rechtslage eine falschauskunft im sinne einer schnöden einsparungsmaßnahme ist. der rest ist frauen- und elternfeindliche rhetorik. zukünftige mutti sorgt sich seitdem um ihre kollegen - die vier monate mehr arbeit machen müssen ohne ausgleich - und die zukunft ihres projektes - was so nicht weiterlaufen kann, wenn die arbeit nur halb getan wird. außerdem steht eine vertreterin in der spur, die nicht weiß, ab wann sie was vertritt. es werden auskünfte eingeholt, briefe geschrieben, verbündete gesucht, nerven gelassen und unnötige kämpfe geführt. die arbeit wird nicht gemacht, stattdessen wird an der rechtfertigung gearbeitet und die relevanz des ganzen arbeitsgebietes überhaupt zur disposition gestellt. nur weil sich madame anmaßt, ein kind zu bekommen. und das an der gerade erneut ausgezeichneten familienfreundlichen hochschule deutschland. das geht eben nicht nur auf dem papier, in form von maßnahmen. das ist eine kultur. nachdem sich die deutsche akademikerin jahrelang in den dienst der institution gestellt hat, kriegt der verwaltungschef nicht mal ein formal-müdes: herzlichen glückwunsch über die lippen, als er von der bevorstehenden elternschaft erfährt. dem vater des kindes wird im exzellenzzentrum keine elterzeit zugestanden und mutti muss sich um den fortbestand ihrer bisherigen arbeitsergebnisse selber kümmern. so wirds wohl nichts werden mit dem zahlreichen nachwuchs der gebildeten schichten. weil keiner begreift, dass man das auch beherzigen muss, was man sich in die statuten schreibt. und weil die falschen leute auf den entscheidungstragenden posten sitzen. mein sohn wird feminist. mit der muttermilch und notfalls mit judith butler zum einschlafen soll er das aufsaugen: das diese gesellschaft noch lange nicht verzichten kann auf das angehen gegen hegemoniale strukturen, so verdeckt sie auch als 'private probleme' getarnt sein möchten. das politische trifft einen immer privat - das sagte ich schon und andere auch. mehr lesen bei anderen frauen und frauinnen.

in erwägung unsrer dummheit

angesichts der morgendlichen zeitungsschau bin ich sprach- und ratlos: warum kommentiert frau schwarzer der kachelmannprozess in bild? der frühstücksdirektor vermutet noch so etwas wie missionarischen ethos, ich tippe schlicht auf geldgier. so viel zum thema: ideale verraten. die regierung (darf man das, was da das land aus der, na sagen wir mal: demokratie reitet, noch so nennen?) hat da weniger probleme, weil nie ideale gehabt. blanker lobbyismus. und ewig strahlt das atomkraftwerk. das wollen die uns jetzt als große stunde der ernergiepolitik verkaufen. für wie blöd haltet ihr uns? klar, wenn bild das bild-un(g)s-niveau schafft, auf das wir uns jetzt einigen wollen, dann schlage ich vor, kostenlose bildzeitungen an integrationsunwillige migrant_innen zu verteilen. und sarrazin braucht sowie einen neuen posten. ehrlich gesagt, finde ich zynismus aber nicht mehr die richtige strategie. es reicht auch nicht zu sagen, dass wir nicht mehr einverstanden sind. es ist zeit, dass wir euch jetzt öffentlich in den arsch treten, denn ich möchte nicht, dass meine kinder und enkel in einem land aufwachsen, in dem mehr als die hälfte aller menschen befürworten oder nicht mal mitbekommen, dass der ausverkauf der werte das gewissen kostet. "das wird man ja wohl noch mal sagen dürfen": ökonomie hat mit ethik nichts (mehr) zu tun. wer nicht bereit ist, sich den grundrechten der menschlichkeit und einer demokratischen verfassung verpflichtet zu fühlen, der hat hier keine entscheidungen zu treffen. da müssen wir ganz früh anfangen und ich pläderiere für die politisch-moralische zwangsbildung bereits der allerkleinsten kinder von cdu- und fdp-wähler_innen, wirtschaftsbossen und vorstandmitgliedern. und im morgenkreis sprechen alle nach: du sollst nicht lügen, du sollst nicht töten, du sollst deinen nächsten lieben wie dich selbst! und wer das im vorschulalter noch nicht begriffen hat, der macht noch mal einen kurs.