Mittwoch, 25. August 2010

das wäre ihr preis gewesen

eine woche born in kleinem häuschen, boddenblick, mit dem fahrrad zum weststrand, teeschale, in prerow fisch bei rennhack, abends (na gut kein rotwein, aber immerhin) apfelschorle auf der terasse. das ersehnte meer. so sollte das sein. nach einem fiesen wochenende mit bauchweh und angst, sah man dann vom krankenhausfenster aus immerhin die haftanstalt, wecken morgens um 6:30 zur intravenösen therapie, doppelzimmer, eine labbrigen teebeutel in lauwarmen wasser als frühstücksgetränk, dazu komissbrot mit edamer. bei der medizinischen versorgung haben sie sich mehr mühe gegeben. ich könnte trotzdem kotzen. von meinem sofa aus merke ich, dass es langsam herbst wird: die ranken färben sich rot und die bäume wiegen sich wilder im wind. alles geht langsamer, es schöpft sich nicht mehr aus den vollen. die sehnsucht ist größer als die möglichkeiten. ich habe jetzt schonfrist und nach der schonung ist winter. dann kommt das kind, dann habe ich wieder schonfrist und dann geht es schonungslos weiter. das ist also die freudige erwartung, die gute hoffnung, das mutterlos: tragen ist ertragen. lasst mich in ruhe mit den beschwichtigungen (das gehört eben dazu, man kriegt ja auch was dafür - ruh dich mal richtig aus, später kommst du nicht mehr dazu - deine probleme möchte ich haben, wochenlag frei bei vollem gehalt), mein eigenenes schlechtes gewissen ist bergehoch: wenn sich die unzufriedenheit (ich will arbeiten, ich will aktiv sein, ich will mich nicht verändern, ich will ich will ich will) über mir auskippt tonnenschwer, was sage ich dann dem kind. jetzt kriegt es die schlechten gefühle und wird später lesen im virtuellen archiv, dass ich das so nicht gewollt habe. also kind, nicht dich nicht, aber das nicht. so nicht. deine mutter ist eine anpassungslegasthenikerin. die stellt sich nicht einfach von heute auf morgen um. reicht schon das wort: mutter. was hat das mit mir zu tun? für diesen zustand habe ich kein programm, keine sehnsuchtsbilder, nur nackte realität, die mich täglich in die schranken weist. dass das jetzt so nicht mehr geht. aber wie dann? keine flasche rotwein für eine weile seelenfrieden, kein meer für den klaren blick. der koffer bleibt unter bett. ich komm hier nicht mehr raus. ich kann nicht mal kurz wegrennen. mir fehlt die puste. und der lange atem. was soll ich mich aufhübschen, wenn man mir doch ansieht, dass ich für nichts mehr in frage komme. ich lasse mein geld jetzt im babyausstatter und im umstandsmodeshop. das hilft nur bedingt gegen den frust. das ist nur einer von den kompromissen. das, was eben geht. und gegen das alles sind deine kleinen gliedmaßen, mein kind, das einzige argument: purzelbäume im bauch. kleine glücksgluckser, die unbeirrt all meiner inneren kapriolen ihren eigenen rhythmus zappeln. du wächst und übst für das leben draußen. und ich soll dir dann erklären wie das geht: das leben. das machen wir. nächstes jahr, wenn wir am meer sitzen bei leisem wellenrauschen und du hast sand im mund und kannst lauter kreischen als die möwen. dann gieß ich mir ausnahmsweise noch ein zweites glas nach und sage: guck doch mal, wie schön das ist! und du seufzst ein bisschen, sagst babababa und alles ist gut.

Freitag, 6. August 2010

entschuldigung, das muss mal sein

du sollst sagen, dass du glücklich bist
du sollst, sagen, dass du dich freust
du sollst gelassen sein
du sollst (moderat) sport treiben
du sollst dich gesund ernähren (keine alkohol trinken, keine rohmilchprodukte essen)
du sollst dreimal am tag deinen bauch ölen und massieren
du sollst auf deine atmung achten
du sollst jedem sagen, wann es soweit ist und was es wird
du sollst dir all die geschichten anhören
du sollst nicht immer nur DARÜBER reden 
du sollst motiviert arbeiten
du sollst noch ganz viel schaffen wollen
dann sollst du nicht mehr arbeiten (wollen)
dann sollst du dich ganz auf deine neue rolle konzentrieren
das sollst du wirklich wollen (es ist die schönste zeit im leben!)
du sollst deinen partner einbeziehen
du sollst auch partnerin bleiben
du sollst erotisch wirken
du sollst weiter sex haben
du sollst gummizughosen mit würde tragen
du sollst gut informiert sein
du sollst alles regeln
du sollst die veränderung bejahen (alles wird anders!)
du sollst auf alle schwierigkeiten gefasst sein (glaub bloß nicht, dass das einfach wird)
du sollst noch einmal alles machen, wozu du dann nie mehr kommst
du sollst die zeit genießen
du sollst nicht jammern (du hast jetzt verantwortung!)
du sollst den ganzen tag lächeln
man soll es dir anssehen
du heißt jetzt mama mutti unsere schwangere
du bist jetzt eine von denen
du kannst dein ego abgeben (wird nicht mehr gebraucht)
du hast es schließlich so gewollt